Der COVID-19-Test

09.07.2020

Dieses Halsweh ist mir ungeheuer. Weshalb verspüre ich mitten im Sommer einen solchen Druck? Im Winter hätte ich mir bestimmt keine Sorgen gemacht. Aber jetzt. Und da ist noch dieses Virus, das millionenfach den Mensch infiziert. Hat es nun auch mich befallen? Kein Husten, kein Stechen in der Brust begleitet den subtilen Schmerz, der bei ultravioletter Strahlung lindert. Das Linsen-Curry trifft meine Geschmacksnerven. Auch der Fenchel schmeckt nach Fenchel. Das wird alles halb so wild sein. Nur weshalb ist dieser Schmerz am dritten Tag noch immer spürbar? Oder wird er nur vom Psychospiel des Hirns verursacht? Nein, beim Schlucken des Wassers war er deutlich zu spüren. Halsschmerzen sind wahrlich Symptome von COVID-19. Ach herrje.

Schon am Mittag finde ich mich in der Notaufnahme des Spitals wieder und drücke den Corona-Knopf. Holzstühle sind aufgereiht und warten darauf, besetzt zu werden. Eine Frau erscheint aus der sich öffnenden Schiebetür, fragt kurz nach und will mir ein Kontaktformular aushändigen, das sie offenbar durch die Tätigkeit, den Alarm abzustellen und dem Auslassen eines tiefen Seufzers, wieder vergisst. Bald darauf erscheint eine junge Frau mit Grippesymptomen in Begleitung ihrer Mutter, die dem bleichen Gesicht unmögliche Fragen in solch hoher Tonlage stellt, dass mein Halsweh erstarkt. Etwas Ruhe kehrt ein, als sie sich auf die Suche nach einem Sandwich begibt. Die Administration erfragt die Adressen und ist bei beiden Testpatienten sichtlich verwirrt. Der blaue Container ist gähnend leer. Hin und wieder werden Patienten mit goldig-silbriger Aluminiumfolie abtransportiert und es erscheinen und verschwinden Angestellte mit schwingenden Eintritts-Batches an den Hosen. Ansonsten ist es still, bis die Mutter erscheint und auch schon die Frage stellt, wie es gelaufen sei, obwohl unsere unverrückten Stellungen auf den Stühlen die wartende Sachlage akzentuiert. Irgendwann wird die junge Frau in den Schlund des blauen Containers beordert bis ihre und der Ärztins Stimme allmählich verstummen. In der Zwischenzeit erscheint eine andere Mutter in tiefer Besorgnis über den fiebrigen Zustand ihres Kindes, das im breit bereiften Kinderwagen glüht. Die Mutter berichtet hysterisch auf Englisch, dass ihr Kind 47 Grad Fieber habe, worauf die Arztgehilfin sie eintreten lässt, wohl im Bewusstsein, dass die Mutter panisch eine unrealistische Temperatur ihres Sprösslings artikulierte. Die mit Grippesymptomen geschwächte junge Frau verlässt im Beisein ihrer Mutter den Container und verschwindet im weissen Kleinwagen. Der Notfallparkplatz ist wieder leer. In der Zwischenzeit werde ich aufgeklärt, dass die 50 Franken des Bundes pro Coronatest nicht ausreichen, um die Kosten zu decken, weshalb ich vermutlich nachträglich vom Spital eine Rechnung erhalten werde. Eine junge Ärztin holt mich in die Tiefen des Containers, misst die Temperatur in der Ohrmuschel, hört die Lunge ab, ist erstaunt über meinen tiefen Ruhepuls in Anbetracht der bevorstehenden Prozedur und schiebt mir ein Wattestäbchen tief in das linke Nasenloch, bis das Ende den Rachen erreicht. Anschliessend lässt sie das Stäbchen in ein ettiketiertes Plastikgehäuse ein, das sie wiederum in einem beschrifteten Mäppchen zusammen mit meinem ausgefüllten Formular verschliesst. Sie händigt mir ein Blatt zur Selbstisolation aus und klärt mich über das folgende Infromationsprozedere auf.

Am nächsten Morgen erschallt die gütliche Stimme aus dem Natel, die mir freundlich mitteilt, dass mein Testresulat negativ ausfiel.

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