Über dem Nebel

07.11.2020

Punktgenau landen ein paar resistente Fluginsekten auf der laminierten Oberfläche meiner Jacke, gehen ein paar Schritte und lassen sich von der leichten Brise wieder wegtragen. Ich liege im weichen Humus umgeben von verdorrtem, goldbraunem Gras. Im Augenwinkel erkenne ich das schlichte Gipfelkreuz, das seinen langen Schatten bis ins Isenthal hinunter modelliert. Von dort heult ab und zu eine Motorsäge auf. Ansonsten ist es still. Auch die Kuhglocken von heute Morgen sind verstummt. Der Himmel ist blau. Stahlblau. Kein Flugzeug beschädigt die Szenerie. Unten sind sie immer noch in der Suppe. Der Urnersee bleibt versteckt. Spirigen funkelt in der Sonne - die Glücklichen. Schon seit Stunden. Die Schatten reichen jedoch weit ins Schächental hinauf. Dort wo die Matten um diese Jahreszeit in helles Weiss getüncht sein sollten. Nur der Kirchturm ist immer an der Sonne. Die Berge grüssen mich mit ihren felsigen Gesichtern. Sie wirken freundlich.

Ein paar Dohlen tänzeln vergnügt in der Thermik. Ich beneide sie, genau wie Ikarus, bleibe jedoch am Boden. Ich möchte mich noch nicht erheben, obschon mir klar wird, dass die Sonne dem Tale nicht mehr lange hold ist. Zudem fährt das Postauto nur noch einmal. Ich streiche meine Simmentaler Sonnencreme auf die rote Nase und wandere tiefglücklich dem Tale entgegen.

© 2023 Sandro's Reiseblog. Alle Rechte vorbehalten.
Unterstützt von Webnode
Erstellen Sie Ihre Webseite gratis! Diese Website wurde mit Webnode erstellt. Erstellen Sie Ihre eigene Seite noch heute kostenfrei! Los geht´s