Unüberwindbarer Pazifik

19.11.2019

Ja ich will! Ich will die Klausel anwenden, die mir eine Fortsetzung der Reise nach Übersee gewährt. Es ist Mitte August, noch immer sitze ich in dieser Chinesischen Provinstadt fest, als ich beschliesse, mich nicht weiter zu grämen und die Flucht nach vorne anzutreten. Ich würde gerne selbst erfahren, dass die Erde eine Kugel ist. Natürlich ist mir bekannt, dass es sich genähert um ein Rotationsellipsoid handelt mit unterschiedlich ausgeprägten Halbachsen und die exakte Form durch das Geoid beschrieben wird.

Es ist alles angerichtet, die Route geplant. Von Los Angeles, mindestens aber von San Francisco, soll es der Pazifikküste entlang nach Norden gehen, mit einem Abstecher zum Redwoods-Nationalpark. Hinter Seattle würde ich die US-Amerikanische-Kanadische-Grenze überqueren, nach Vancouver und vielleicht Vancouver Island fahren. Danach nach 108 Mile Ranch weiter, wo meine Tante und mein Onkel ihren Traum verwirklicht haben und ein hübsches B&B in einem Blockhaus (Log) führen. Als einziger der Familie war ich noch nie bei ihnen in Kanada. Es ist nicht einfach, wenn man nicht mehr fliegen will. Nach einem Aufenthalt sollte es weitergehen über Calgary, wieder über die Grenze bis nach Süd Dakota, wo ich meine Schwester und meinen Göttibueb sehr gerne sähe. Über die Great Plains soll es gehen, bis hinunter nach South Carolina, dann gegen Norden, immer den Appalachen folgend. Nach New York, Boston und Neuengland, wieder über die Grenze bis nach Halifax auf Neufundland. Mit dem Schiff sollte es über den Atlantik gehen, weiter nach Südengland, dann möchte ich an die Nordseeküste gelangen und nach Norwegen übersetzen. "Hinunterfahren", der Küste entlang nach Schweden und Dänemark. Dann in mein geliebtes Schleswig-Holstein, nach Bremen, weiter in die Niederlande, nach Utrecht und Amsterdam, nach Brüssel und Antwerpen, bis nach Paris und von da über Strassburg zurück in die Schweiz. Danach hätte ich die Welt gesehen, glaube ich. Ich könnte in der Schweiz wieder mit etwas Neuem beginnen, voller Energie an den Ideen feilen, die ich während der Reise konstruiert habe.

Nachdem ich meinen Sponsor (den ich höchstpersönlich bin) nach zähen Verhandlungen vom Teil 2 überzeugen konnte, schrieb ich in meinem Eifer zahlreiche Reisebüros an, die sich auf Frachtschiffreisen spezialisiert haben. Am Hafen irgendwo anheuern geht heute kaum mehr. Ein Segelschiff verlässt Japan zu dieser Jahreszeit keines. Auch eine Fähre nach Hawaii gibt's nicht. Weshalb auch.

Die Antworten füllen bald mein Postfach. Von Japan gäbe es kein Schiff (das auch Passagiere mitnimmt) in die Vereinigten Staaten oder nach Kanada. In Südkorea darf man nicht zusteigen, aber von Schanghai, Hongkong oder Singapur müsste es gehen. Ich entscheide mich für Hongkong, um ein chinesisches Visum zu umgehen. Das sei nicht möglich, schrieb man mir, beim Eintritt in die 3-Meilen-Zone ist ein Visum unerlässlich. Auch die USA verlangt ein Visum bei der Einreise mit dem Schiff. Gut, dann soll es über Schanghai gehen, beschliesse ich, das ich mit der Fähre aus Japan gut erreichen kann. "Die Reederei teilte uns mit, dass in Schanghai auch nicht mehr zugestiegen werden darf", lese ich in einem Mail. Das sei nur noch in Xiamen und Hongkong möglich. Zudem müsse ich zwei Atteste von Ärzten abliefern, die bescheinigen dass ich gesund bin und die vielen Treppen mühelos besteigen kann. Gut, dann doch über Hongkong, entscheide ich mich schliesslich. Eine kostenlose Stornierung sei nicht möglich, falls mir die USA kein Visum ausstelle. Da ich im Iran war und die Trumpsche Administration Persienreisende in blinder Pauschalisierung gängelt, ist das ein reelles Szenario. Das Kostenrisiko von 3500 € für die Überfahrt übernimmt mein Sponsor nicht. Zudem wäre ich an Weihnachten und Silvester in Hongkong - alleine. Als Wochen später der Rahmen bricht und mein Velo längst zum Sicherheitsrisiko geworden ist, beschliesse ich, in die Schweiz zurückkehren. Ob es einen Teil 2 gibt, wird sich in den ersten Wochen nach meiner Ankunft in der Heimat weisen.

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